Zustand des Bonner Münsters vor der Generalsanierung
Das Münster war zuletzt vor 30 Jahren renoviert worden. Auf den ersten Blick mochte mancher denken: alles in Ordnung. Aber bei genauerem Hinsehen offenbarten sich viele Mängel. Im rechten Seitenschiff gab es beispielsweise keine Stromversorgung mehr. An manchen Stellen war deutlich zu sehen, wie die Feuchtigkeit durch das Mauerwerk drang und Putz und Anstrich angriff . Doch selbst beim genauen Hinschauen zeigte sich nicht das wahre Ausmaß der Schäden. Erst eine gründliche Analyse der Baumängel im September 2014 offenbarte die Tragweite des Sanierungsbedarfs.
Die Liste der Schäden ist lang und besorgniserregend:
Risse im Mauerwerk
An vielen Stellen im Kirchengebäude zeigten sich Risse unterschiedlicher Ausprägung – von Putzrissen bis hin zu Rissen im statischen Gefüge. Die markantesten Rissschäden verlaufen in den Außenmauern und Gewölben von Lang- und Querhaus, in den Turmzonen und äußeren Umgängen mit Einzelweiten bis zu 5mm. Auch in der Fundamentierung und in den Chorbereichen zeigen sich deutliche Risse.
Im Westen der Kirche sind die Rissbreiten am größten. Es stellt sich u. a. die Frage, warum die Schäden nicht gleichmäßig verteilt sind. In diesem Zusammenhang ist es bislang auch ein Rätsel, warum die nachträglich eingebauten Stahlbeton-Ringbalken im Traufniveau des Querschiffs nicht kraftschlüssig fertig gestellt wurden: Die jeweilige Anschlussbewehrung liegt frei! In einigen Bereichen liegt die Vermutung nahe, dass nicht oder nur unzureichend reparierte Kriegsschäden auch heute noch eine Rolle spielen könnten.
Im Laufe der Untersuchungen tauchten immer wieder neue Probleme auf. Insbesondere die bauteildurchschlagenden Risse geben Anlass zur Sorge und werden in den kommenden Tagen und Wochen tragwerksanalytisch näher untersucht – auch mittels einer Hubsteigerbefahrung zu den höher liegenden Bauteilen innen und außen. Parallel wurden einzelne Risszonen mit funkgesteuerten Monitoren ständig überwacht.
Schäden an den Fassaden
Während vom Boden aus betrachtet vergleichsweise geringe Schädigungen ins Auge fielen, finden sich in den oberen Fassadenbereichen durchaus stärker ausgeprägte Schadensbereiche: In manchen Mauerwerkspartien waren sie besorgniserregend.
Insbesondere am Querhaus (Schwerpunkt Nordseite) nebst den äußeren Umgängen hatten sich flächig und entlang von Risszonen Fugen gelöst – was kurzfristig auch größere Steinschäden am dortigen Tuffsteinmauerwerk nach sich ziehen konnte.
An Säulen, Kapitellen, Turmgesimsen und weiterer Bauzier traten zudem defekte Natursteine hervor, die dringend näher untersucht (und ggf. gesichert) werden mussten, um einem Herabfallen von Steinen/Steinteilen vorzubeugen.
Auch hierzu waren Fassadenbefahrungen mit einer Hubbühne notwendig. Im gleichen Zuge wurden auch die Seitendächer begutachtet, von denen sich immer wieder einzelne Schiefer lösten.
Marode Elektroanlagen
Die elektrotechnischen Anlagen im Kirchengebäude warenüber die Jahrzehnte (weitestgehend undokumentiert) „gewachsen“ und genügten durchweg nicht den nutzungs- und sicherheitstechnischen Anforderungen nach dem Stand der Technik. Viele Anlagenteile und Kabelnetze warendeutlich älter als ihre rein technische und wirtschaftliche Lebensdauer. Sie waren auch nicht nachrüstbar, da es bestandsadäquate Bauteile nicht mehr gab.
Bezüglich der elektrotechnischen Anlagen und deren Installationen bestand dringender Handlungsbedarf. Dazu genügte es nicht, einzelne Geräte bzw. Leitungen auszutauschen – es musste vielmehr die gesamte Stromversorgung erneuert werden.
Feuchteschäden in der Kirche
Zwar ging von den vorhandenen Feuchteschäden eine geringere Gefahr für die Grundsubstanz des Gotteshauses aus, doch waren sie besonders augenfällig, da die Feuchtigkeit Putz und Anstrich der Raumschale für jeden sichtbar angriff.
Die bisher durchgeführten Feuchtigkeitsmessungen hatten überraschende bzw. ad hoch nicht erklärbare Ergebnisse ergeben und müssen zumindest bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen wiederholt wurden, um etwa annähernd zuverlässige Aussagen treffen zu können.
Erste Ursachen wurden erkannt: Defekte Anschlüsse in den Entwässerungsleitungen führten zu erheblichem Wassereintrag bei jedem stärkeren Regen. Deshalb mussten auch die Grundleitungen mit einer Kamerabefahrung in Augenschein genommen werden.
Andererseits hat man in den letzten Jahrzehnten einige Maßnahmen ergriffen, um insbesondere das Aufsteigen von Feuchtigkeit aus dem Boden zu reduzieren. Dabei sind in den materialgläubigen Zeiten der 1950er bis 1970er Jahre verschiedenste Techniken – auch unter Einsatz von Chemikalien – appliziert worden, welche sich heute als nicht beständig, aber gleichermaßen auch irreversibel erweisen. Der Umgang damit wird eine besondere Herausforderung darstellen.
Veraltete Heiztechnik
Die Kirchenheizungsanlage wartechnisch veraltet, energetisch unwirtschaftlich und wies gravierende Mängel im Bereich des Lüftungsgeräts, der Brandschutzklappen und der Luftkanäle auf. Die Mineralfaserisolierung befand sich in Auflösung. Es war außerdem davon auszugehen, dass zumindest die älteren Brandschutzklappen asbesthaltig waren .
Eine vollständige Sanierung der Kirchenheizungsanlage und eine energetische Optimierung des gesamten Systems waren unumgänglich.
Aufgrund der ernstzunehmenden Probleme besteht dringender Handlungsbedarf! Insbesondere die Rissschäden, die Schäden im Mauerwerk und die maroden haustechnischen Installationen machen eine alsbaldige Sanierung unumgänglich.